30.10.2020 I Bereich: Bauernhoftiere, Ernährung

Wie Großmolkereien die Natur zerstören, Bauern schlaflose Nächte bereiten und Kühe zu Robotern machen

Wer im Supermarkt Milchprodukte kaufen möchte, kommt kaum an den Global Playern wie Arla Foods, Néstle, Danone, MüllerMilch oder DMK vorbei. Sie dominieren die Supermarktregale in Deutschland und Europa, ganz gleich ob es sich um Butter, Käse, Joghurt, Rohmilch, Sahne oder Süßigkeiten aus der Kühltheke mit Milchanteilen handelt. Doch genau diese Produkte sollte man als Verbraucher dringend meiden, denn Großmolkereien weltweit sind mitunter maßgeblich für eine systematische Umweltzerstörung und den Klimawandel verantwortlich. Sie machen Millionen von Kühen zu stupiden Milchrobotern und bereiten großen als auch kleineren Bauern schlaflose Nächte. Warum das so ist, erklären wir hier zusammen gefasst.

Großmolkereien befeuern den Klimawandel

Jedes Jahr werden allein in Deutschland 7,2 Millionen Tonnen, also 72000000000 Kilogramm Milch konsumiert und das betrifft nur Frischmilcherzeugnisse. Es kommen noch 2,1 Millionen Tonnen Käse hinzu. Allein in Deutschland. In einem Jahr! An dieser Stelle muss eigentlich gar nicht mehr erklärt werden, warum die Milchindustrie zu den treibenden Faktoren in Bezug auf den Klimawandel zählt und die Umwelt verschmutzt. Angesichts dieser Dimensionen. Um diese gigantische Menge Milch zu produzieren, braucht es 4 Millionen Kühe, nur in Deutschland, die Tag für Tag ein ganzes Leben lang Milch geben – gesamt gibt eine Hochleistungskuh 8.250 Kilogramm Milch im Jahr. Nun aber zu dem Punkt mit der Umweltverschmutzung, dem CO2 und Klimawandel:
> Damit eine Kuh soviel Milch geben kann, bekommt sie spezielles Futter, das zu einem Großteil aus Soja besteht. Für Soja wird Regenwald gerodet, um riesige Flächen für den Sojaanbau zu schaffen. Weniger Regenwald bedeutet weniger CO2 Bindung. Unabhängig der anderen, tragischen Umstände, die mit der Regenwaldrodung einhergehen.
> Soja wird mit großen Schiffen, welche mit Schweröl betrieben werden, über die Ozeane zu uns nach Europa gebracht. Schweröl ist einer der schädlichsten Treibstoffe die es gibt und die eine riesige Menge CO2 freisetzen.
> Die Kühe müssen wahnsinnig viel fressen, um diese gigantische Menge Milch zu produzieren. Ebenso gigantisch groß sind ihre Ausscheidungen. Auf 8.250 Kilogramm pro Kuh kommen rund 10.000 Liter Gülle. Also mehr Gülle als Milch. Wohin mit all dem Kuhmist? Raus auf die Felder, die quasi in Gülle ersticken. Böden können diese Menge nicht mehr filtern und so wandert die Kuhscheiße bzw. Bestandteile davon in unser Trinkwasser. Dies hat auch zur Folge, dass Insekten und Bienen sterben.
> Gigantische Mengen an Milchprodukten werden täglich verpackt. Unmengen an Plastikmüll entsteht.
> Und diese riesigen Mengen an Rohmilch und Milchprodukte werden Tag für Tag mit LKWs von A nach B nach C nach D transportiert. Vom Bauern zur Molkerei, von der Molkerei zum Großlager diverser Supermärkte, von den Großlagern in die Supermarktfilialen und von den Supermärkten zum Großteil mit dem PKW zu uns nach Hause. Viel CO2 wird dabei ausgestoßen.
> Und zu guter Letzt, haben wir ja auch noch das Problem mit den Methan-Winden, die Kühe so produzieren. Beim Verdauen entsteht Methan, das die Kühe im Durchschnitt alle drei Minuten mittels Rülpsen und Furzen los werden. So entstehen 100 Kilogramm Methan im Jahr pro Kuh. Bei den 4 Millionen Kühen allein in Deutschland, macht das 400 Millionen Kilo Methan pro Jahr. Und Methan ist in etwa 23x schädlicher als CO2.

Warum Großmolkereien Bauern nicht nur schlaflose Nächte bereiten

Nachweislich ist die Selbstmordrate unter Milchbauern sehr hoch. Ein Tabuthema… im Schnitt ist die Selbstmordrate von Milchbauern im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung um 30 % höher. In Frankreich bringt sich jeden 2. Tag ein Landwirt um. Dies geschieht aus Scham und vor allem um ökonomische Gründe zu verschleiern. Sicher ist es auch eine gewisse Aussichtslosigkeit, denn Jahr für Jahr hoffen Landwirte in ganz Europa auf höhere Milchpreise und jedes Jahr hört man von Protesten und Demonstrationen. Laut Umfragen ist ein Großteil der Bevölkerung auch bereit höhere Milchpreise zu bezahlen, wir sprechen hier ja auch nur von kleinen Centbeträgen, die endlich dazu beitragen würden, dass Milchbauern von ihrer Arbeit leben könnten. Denn das können sie aktuell nicht. Und ohne die europäischen Subventionen, gäbe es überhaupt keine Milchbauern.

Doch warum tut sich seit Jahren nichts? Warum liegt auch im Jahr 2020 der Liter Milch immer noch bei nur 32 Cent? Ganz einfach, die Großmolkereien diktieren den Preis. Es ist nicht so, dass die Molkerei sagt, lieber Bauer, wir kaufen deine Milch für XY Cent pro Liter, bist du damit einverstanden? Nein, der Bauer liefert Milch zur Molkerei und er erfährt erst im Nachhinein, wie viel er letztendlich verdient. Ganz vereinfacht erklärt. Das bedeutet, alle Bauern sind einer absoluten Willkür der Großmolkereien ausgesetzt. Vor allem geht es den großen Unternehmern nicht nur darum, die deutsche Bevölkerung zu ernähren, es geht um Expansion im großen Stil. Deutsche Milcherzeugnisse werden beispielsweise in Afrika verkauft. So günstig, dass die eigenen regionalen Milchbauern in Afrika gar keine Chance haben. Und eigentlich will die afrikanische Bevölkerung gar keine deutsche Milch haben, da so keine neuen Arbeitsplätze entstehen können. Aber das ist egal, denn es geht um Geld, viel Geld und immer mehr Profit für die großen Milchkonzerne, die Global Players. Gerne hier nochmal die Namen: Arla Foods, Néstle, Danone, MüllerMilch, DMK und viele mehr.

Kühe sind nur noch Milchroboter

Der große finanzielle Druck, der auf den Bauern lastet, bereitet große Sorgen. Jahr für Jahr. Da ist es eigentlich normal, dass das Tierwohl, eine artgerechte Haltung im Denken der meisten Bauern nicht mehr vorkommt. Hier geht es ums blanke Überleben und um Möglichkeiten, immer noch mehr Milch von einer Kuh zu bekommen. Besseres Futter, effizientere Technik, leistungsstärkere Rassen und Züchtungen. Weidehaltung ist ausgeschlossen, viel zu zeitaufwändig und finanziell nicht machbar. Mehr Platz für die Kühe auch nicht möglich, denn jeder Quadratmeter der Stallungen sind ausgefüllt mit Kühen. Kühe sind schwanger, geben Milch, bekommen ihr Baby, geben Milch, Pause und wieder von vorne. Kälber werden umgehend nach der Geburt von der Mutter entfernt, nachweislich trauern dabei Kälber und Mutterkühe. Weibliche Kälber dürfen bleiben, männliche Kälber werden schnellstmöglich an das nächste Schlachthaus verkauft. Eigentlich sind männliche Kälber eher ein Unkostenfaktor, denn viel bringt das Fleisch männlicher Kälber nicht ein. Sicher gibt es Bauern und Landwirte, die es gerne anders machen würden, wenn sie könnten, die Mitgefühl für ihre Tiere empfinden, die sich vielleicht sogar deshalb umbringen. Doch es ist kaum möglich aus diesem Kreislauf auszusteigen. Sie verfügen nicht über die notwendigen finanziellen Mittel, auf eine nachhaltige, biologische Landwirtschaft umzustellen und von den Banken bekommen sie keine Kredite. Also sind die meisten dazu verdammt, ewig in diesem System so weiter zu machen oder die Landwirtschaft komplett aufzugeben. So kommt es auch, dass es Messen, Auszeichnungen und Wettbewerbe für die leistungsfähigsten Zuchtmilchkühe gibt. Kreaturen, die kaum mehr laufen können, weil ihr Euter viel zu groß ist. Kühe, denen ihre Angst und ihr Unbehagen deutlich ins Gesicht geschrieben ist. Und wir sprechen von Millionen Milchkühen, nur in Deutschland, die Tag für Tag leiden, die nicht artgerecht gehalten werden, die niemals auch nur einen einzigen Sonnenstrahl sehen, uns aber in großem Stil ernähren. Diese Tiere ernähren uns!

Was ist die Lösung? Können wir Verbraucher etwas tun?

Haben wir Verbraucher eine Möglichkeit, das große Spiel der Global Player von immer mehr Profit, verantwortungslosem Wachstum und sinnloser Expansion zu Lasten der Umwelt, der Landwirte und der Tiere zu beeinflussen? Die Antwort lautet: Ja, aber nur bedingt. Wir können entscheiden, wie viel Milchprodukte wir konsumieren, denn die Nachfrage bestimmt den Markt. Wenn alle Deutschen ihren Milchkonsum zu 50 % senken und auf vegane Alternativen umsteigen würden, gäbe es nur halb so viele Milchkühe. Alle oben beschriebenen Zahlen würden sich dann halbieren. Und wir können entscheiden, welche Milchprodukte wir von wem kaufen. Kaufen wir nicht mehr bei Arla, Néstle, Danone, MüllerMilch, DMK & Co., sondern im besten Fall vom Direkterzeuger aus der Region oder von Biomolkereien (z. B. Milchwerke Berchtesgadener Land, Milchprodukte mit Demeter-Siegel), würde das nochmal starken Effekt zeigen. Jeder kann also für sich mit jedem Einkauf entscheiden, ob er Großkonzerne unterstützt oder sich aktiv für eine gerechte Bezahlung von Landwirten einsetzt, für weniger CO2 Ausstoß und Klimaverschmutzung sowie für mehr Tierwohl und glückliche Kühe.


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