3.09.2020 I Bereich: Ernährung

Was wäre, wenn Fleisch 3x so teuer wäre? Vom Billigprodukt zur Luxusware?

Trüffel, Kaviar, Austern, Hummer, Edelfische sind teure Lebensmittel, die sich nur Besserverdienende und Reiche leisten können. Auch für sie wohl eher mehr Genussmittel als tägliches Brot. Doch wie sieht es mit Spirituosen, Zigaretten, Lieferservice und FastFood aus? Eine Schachtel mit 23 Zigaretten kostet zwischenzeitlich 7 Euro; es ist bekannt dass viele Menschen, die eher ein geringeres Einkommen haben, rauchen. Es ist bekannt, dass relativ teure Lieferdienste und Fast Food von Menschen aller Einkommensklassen genutzt und verzehrt werden, obwohl selbst kochen wesentlich günstiger wäre. Es ist bekannt, dass in allen Gesellschaftsschichten große Summen monatlich für alkoholische Getränke ausgegeben werden. 1 Liter Milch für 3 Euro, das wäre ja viel zu teuer und würde alle echauffieren, aber 4 Euro für die täglichen Feierabendbierchen, 6 Euro für 0,75 Liter Wein zum Abendessen oder 13 Euro für eine Flasche Barcardi Rum sind kein Problem.

Es stellt sich deshalb die Frage: Können oder wollen sich Verbraucher kein hochwertiges, teures Fleisch z. B. vom Bauern aus der Region leisten? Ferner stellt sich die Frage: Bestimmt der Verbraucher den Markt durch seine Nachfrage nach billigen Fleischwaren oder kauft er es, weil es da ist und sich die Supermärkte/Discounter einen erbitterten Preiskampf liefern? Wenn Fleisch plötzlich das Dreifache kosten würde, würden es die Menschen immer noch in diesen Dimensionen konsumieren? Vermutlich nicht. Nach all den Skandalen der letzten Jahren (von Gammelfleisch, über BSE bis zur jüngsten durch die Coronakrise ausgelösten Schlagzeilen, der Ausbeutung von Arbeitern), Aufklärungsarbeiten und Kampagnen diverser Tierrechtler sowie den zahlreichen Fernsehsendungen über alternative Haltungsmöglichkeiten, kaufen und essen die Verbraucher weiterhin Billigfleisch vom Discounter. Und das noch nicht mal selten. Es reicht nicht, ein bis zwei Mal pro Woche Fleischgerichte zu konsumieren. Nein, hier heißt es eher: „Unser täglich Fleisch gib uns heute“. Ja, es liegt in unseren Genen, Fleisch zu konsumieren, doch eigentlich sollten wir es auch jagen, zerlegen und selbst zubereiten, nicht in Bärchenform in Plastikverpackung im Discounter für 1,99 Euro kaufen.

Die Erziehung der Verbraucher über eine Fleisch-Steuer möglich?

Bei Zigaretten ist das ja kein Problem, hier verdient der Staat fleißig mit, rund 75 % des Einkaufswertes wird als Tabaksteuer und Umsatzsteuer abgeführt. Es scheint aber zu funktionieren, immer weniger Menschen rauchen. Ein Trend oder Konsequenz der horrenden Preise? Warum geht das nicht auch für Fleisch? Es müsste in jedem Fall ausreichend teuer sein, damit den Menschen wieder bewusst sind, dass ein Tier für ihr Essen sterben musste und sie die Mahlzeit zu schätzen wissen.

Unglaubliche Preise mit fatalen Folgen

Im Discounter kosten 500 Gramm Schweineschnitzel zwischen 3,50 und 4 Euro (demnach rund 0,70 und 0,80 Euro pro 100 Gramm). Utopisch günstig, wenn man bedenkt, dass eine 200 Gramm Packung Marken-Gummibärchen (die lediglich aus billigem Zucker und Chemie bestehen) im günstigsten Fall 1,00 Euro kosten, also pro 100 Gramm nur rund 20 bis 30 Cent weniger als Fleisch. Für die Produktion des Fleisches hingegen wurden Unmengen an Ressourcen verbraucht z. B. über 4000 Liter Trinkwasser pro Kilogramm. Hinzu kommt die Belastung der Umwelt durch die vielen Transporte, durch die Fabriken, in welchen die Tiere geschaltet und verarbeitet werden. Die Produktion der Verpackungen. Die Plastikverpackungen an sich. Die Pestizide und Gifte, die gesprüht werden, um das Futtermittel für die Tiere zu produzieren, welche wiederum unser Trinkwasser verschlechtern sowie das Insekten- und Bienensterben mitverantworten. Und nicht zuletzt das unendliche Tierleid an sich, welche die Massentierhaltung mit sich bringt.

Welche Auswirkungen hätte es, wenn Fleisch dreimal so teuer wäre?

Wenn nun aber 500 Gramm Schweineschnitzel statt 3,50 Euro 10,50 Euro kosten würden? Wenn die Leberkäsesemmel nicht mehr 2,00 Euro, sondern 6,00 Euro oder das Döner-Sandwich nicht mehr 5 Euro, sondern 15 Euro kosten würde. Was würde dann passieren? Das Schweineschnitzel und all die anderen Fleischgerichte wären plötzlich etwas Besonderes. Man würde es nicht mehr so selbstverständlich in den Einkaufswagen legen wie jetzt und man würde sich überlegen, welches besondere Gericht man damit kochen könnte. Beim Essen, selbst wenn es FastFood ist, würden wir langsam essen und genießen – es war eben ziemlich teuer. Vermutlich würde die Mehrheit nur noch 1 x pro Woche Fleisch konsumieren. Und was wäre daran eigentlich so schlimm?

Besser für die Tiere, besser für die Umwelt, besser für uns

Der teure Preis würde definitiv dazu führen, dass der Konsum von jetzt auf gleich drastisch abnehmen würde, da es sich die meisten einfach nicht mehr leisten könnten, in dem gleichen Maß (mehrmals die Woche oder täglich) Fleisch weiter zu konsumieren. Da die Nachfrage den Markt bestimmt, würde die Industrie plötzlich weniger produzieren. Sie würden weniger Tiere zur Verarbeitung benötigen. Die riesigen Betriebe, die mit Massentierhaltung ihr Geld verdienen, müssten entweder ihr Konzept umstellen oder schließen. Demnach: Kein Tierleid mehr.

Der CO2-Ausstoß würde reduziert werden, nicht nur durch die Tiere an und für sich, sondern auch durch die eingesparte Produktion der Millionen Tonnen Futtermittel, der Pestizide, des Wassers, des Stroms, der Treibstoffs… Demnach: Wesentlich geringere Umweltbelastung.

Würden wir nur noch Fleisch konsumieren, das von kleinen Landwirten produziert wird, welche nachhaltig agieren, die ihre Tiere mit hochwertigem Futter versorgen, sich gut um ihre Tiere kümmern und darauf achten, dass sie gesund und artgerecht leben können, hätte das zur Folge, dass wir nur noch qualitativ bestes Fleisch essen würden, das viele Nährstoffe enthält und nicht mit Antibiotika verseucht ist. Zwischenzeitlich müssten auch alle wissen, dass der generelle Fleischkonsum im hohen Maß, schlecht für unsere Gesundheit ist und diverse Erkrankungen zur Folge hat. Demnach: Gut für unsere Gesundheit

Viele Vorteile, eigentlich…

Es hätte also nur Vorteile. Bis auf die Tatsache, dass die großen Industriebetriebe, die jedes Jahr Milliarden mit unserem Billigfleischkonsum verdienen (wohl gemerkt auf dem Rücken der Tiere und der Mitarbeiter, welche beide gleichermaßen ausgebeutet werden), kein Geld mehr verdienen würden. Aber das wäre wohl zu verschmerzen… oder?

Und da wäre noch eine andere, kleine Sache: Dass es ja so gut schmeckt und zwischenzeitlich so selbstverständlich ist. So vermutlich der allgemeine Tenor, der Otto-Normalverbraucher. Doch dabei handelt es sich wohl nur um Gewohnheiten. Noch vor 40/50 Jahren haben die Leute auch nicht so viel Fleisch konsumiert und das hat niemand geschadet.

Fazit:

Ja, eine Fleischsteuer wäre in jedem Fall sinnvoll. Mit einer Fleischsteuer könnten sofortige Erfolge und Ergebnisse erzielt werden. Da dies aber nicht so schnell und nicht in diesem Ausmaß geschehen wird – dank bester Lobbyarbeit – dass es Wirkung zeigen würde, bleibt es bei Aufklärungsarbeit, einer langsamen Veränderung und dem Aufzeigen von sinnvollen Alternativen.


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