8.09.2020 I Bereich: Ernährung, Umwelt

Experiment: „Wahre Verkaufspreise“ beim Discounter Penny

In Berlin gibt es einen neuen Erlebnismarkt, in dem einige Waren zweifach ausgezeichnet werden. Penny beabsichtigt damit, bei den Kund*innen mehr Bewusstsein für faire Lebensmittelpreise zu schaffen. Bio-Hackfleisch wäre beispielsweise 126 % teurer, wenn der Supermarkt die wirklichen Kosten, also die sogenannten „True Costs“ berücksichtigen würde.

Penny arbeitet gemeinsam mit der Universität Augsburg an einem Experiment. Der Discounter zeigt auf einem zweiten Preisschild den „wahren Verkaufspreis“ an. In seinem ersten Nachhaltigskeits-Erlebnismarkt, der sich in Berlin-Spandau befindet, sind die True Costs für acht ausgewählte Produkte der Eigenmarke auf extra Schildern ausgezeichnet. Hierbei handelt es sich um die zusätzlichen Kosten, die über Auswirkungen von Stickstoff der Lieferketten, über Klimagase, Landnutzungsänderungen und Energie anfallen. Die Kund*innen müssen an der Kasse jedoch wie immer den Preis ohne die „wahren Kosten“ bezahlen.

Dr. Tobias Gaugler, Experte vom Institut für Materials Resource Management an der Universität Augsburg und sein Team, das aus Wirtschaftsinformatikern besteht, sind der Meinung, dass die bisherige Diskussion um den Preis zu kurz gegriffen sei. Die Folgekosten des Konsums, die zwangsläufig entstehen, würden weder im konventionellen noch im ökologischen Landbau berücksichtigt. Er ist davon überzeugt, dass die Erzeugung der konventionellen Lebensmittel bei Weitem nicht so negative Folgen hat, wie es zuteilst in der Öffentlichkeit erscheint: Bei Aufschlägen von wenigen Cent pro Kilogramm wäre schon viel erreicht.

Bewusstsein schaffen für Folgekosten des Konsums

Manchmal müssten die Aufschläge jedoch auch deutlicher ausfallen. Der Verkaufspreis der konventionell erzeugten Lebensmittel Banane, Apfel, Kartoffel, Mozzarella, Tomate, gemischtem Hackfleisch, Milch und Gouda müsste pro Kilogramm laut der Auswertung um durchschnittlich circa 62% steigen. Das seien rund 2,30€ mehr pro Kilo. Bei den alternativen Produkten aus ökologischem Anbau würden die Kosten um rund 35% steigen, beziehungsweise um 2,28€ pro Kilogramm. Wenn man die Verzehrgewohnheiten berücksichtigt, ergäbe sich folglich ein Zuschlag von ungefähr 52% für konventionell erzeugte Lebensmittel und 32% für ökologische Produkte.

Stefan Magel, Penny-COO, ist davon überzeugt, dass man die Folgekosten des Konsums sichtbar machen muss. Er will Bewusstsein für das Thema schaffen und seine Kund*innen selbst am Regal entscheiden lassen. Stefan Magel ist sich bewusst, dass er mit seinem Unternehmen in einem wettbewerbsintensiven Markt selbst zu einem gewissen Teil zum Problem beiträgt. Der Erlebnismarkt sei aber der erste Schritt in die richtige Richtung. Dr. Tobias Gaugler ergänzt, dass die aktuellen Verkaufspreise für Lebensmittel nicht oder nur unzureichend die Kosten der Umweltfolgen widerspiegeln. Die Schadkosten fallen natürlich versteckt trotzdem an. Andere wichtige Aspekte wie das Tierwohl oder Folgen multiresistenter Keime seien noch nicht einbezogen worden, da hierfür die Daten fehlten.

Auch die niederländische Supermarktkette Albert Heijn ist auf das Thema aufmerksam geworden. Neue Preisschilder zur Aufklärung der Kund*innen werden auch hier eingeführt. Der Supermarkt testet eine dynamische, computergesteuerte Preisreduzierung, damit möglichst keine abgelaufenen Lebensmittel im Laden bleiben. Wegen möglicher Preisschwankungen sorgten zuletzt digitale Preisschilder in Supermärkten in Deutschland für Diskussionen.


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