10.06.2022 I Bereich: Tiere allgemein

Pferdekutschfahrten als Touristenattraktion: gut oder schlecht für die Tiere?

Bestimmt haben Sie auch an dem ein oder anderen Ferienort oder in Städten Pferdekutschen gesehen, die Touristen durch die Gegend ziehen. Als erstes fällt einem hier vermutlich Wien mit seinen Fiakern ein, die dort große Tradition haben und zu dieser Stadt wie die Gondeln in Venedig gehören. Über allem steht allerdings die Frage, ist dies überhaupt noch zeitgemäß und wie geht es eigentlich den Pferden damit? Generell ist festzuhalten, dass viele Pferde eigentlich kein Problem damit haben, wenn man auf ihnen reitet oder sie als Zugtiere einsetzt. Eigentlich… Wir gehen in diesem Artikel näher auf die Frage “Pferdekutschfahrten als Touristenattraktion: gut oder schlechte für die Tiere?” ein. Denn eines ist gewiss, das wohl der Tiere bei solchen Attraktionen muss immer an allererster Stelle stehen.

Die Geschichte von Pferdekutschen

Bereits die Römer verwendeten Kutschen; ab dem 2. Jahrhundert nach Christus bewegten sie sich mit gefederten Reisewagen fort. Im 15. Jahrhundert wurden diese quasi wieder neu und in anderer Form im ungarischen Dorf Kosci “erfunden. Daher leitet sich auch das Wort Kutsche ab. In den Jahren 1750 bis 1900 herrschte das sogenannte “Goldene Zeitalter der Kutsche”. In verschiedenen Variationen wurden sie als Fortbewegungsmittel immer beliebter. Sie wurden sowohl im Personentransport als auch im Informations- und Warentransport eingesetzt. Die Postkutsche ist auch heute noch vielen ein Begriff. Insbesondere die Herrscher – Könige, Kaiser, Zaren, der Adel & Co. – hatten eine ganz besondere Vorliebe für Kutschen. Diese wurden über die Jahre auch immer prunkvoller und größer gestaltet. Die “Goldene Karosse” von Georg III von England zum Beispiel, war 7,30 Meter lang und wog beachtliche vier Tonnen. Acht Schimmel waren erforderlich, um diese ziehen zu können. Diese Kutsche war komplett vergoldet. Damit wurden die Kutschen für den Adel eine Art Statussymbol, eigentlich genauso wie auch heute für viele ihr Auto (mit möglichst vielen Pferdestärken 🙂 ) als Statussymbol gilt. Spannend auch: die Adligen setzten sich immer öfter auch selber auf den Kutschwagen, um die Kutsche selber zu steuern.

Unterschied der Fahrten der Kutschen damals und heute

Früher hat man sich wesentlich besser um die Tiere gekümmert als heute. Auch fand bei einer längeren Kutschfahrt stets ein Wechsel der Zugpferde statt. Die Arbeit wurde auf viel mehr Tiere verteilt. Das Tierwohl fand Berücksichtigung bzw. war es für die Menschen damals selbstverständlich, sich gut um ihre sehr teuren Tiere zu kümmern. Es gab Stallmeister, Stallburschen und eine ganz Schar von Bediensteten, die sich ganztags um die Stallungen und die Tiere kümmerten. Sie sorgten dafür, dass die Pferde ausreichend Ruhezeiten und viel Freiraum hatten sowie gutes Futter aus eigenem Anbau bekamen. Die Wertschätzung, welche gegenüber den Pferden erfolgte, war groß und auch selbstverständlich. Man brauchte die Tiere, daher mussten sie gesund und fit sein.

Heutzutage sieht es leider anders aus. Nicht allen Pferden, die gehalten werden, um mit ihnen in Form von Kutschfahrten in Touristenregionen/-städten Geld zu verdienen, geht es per se schlecht, aber es gibt große Unterschiede in der Haltung. Eines steht fest, es gab damals keine Autos, es war nicht so laut, es gab wesentlich weniger Menschen (alles Stressfaktoren für die Pferde) und die Tiere mussten nicht stundenlang sinnlos bei großer Kälte oder Hitze herumstehen, um darauf zu warten, faule Touris durch die Gegend zu ziehen.

Auch gibt es Pferdehalter, die sich überhaupt nicht gut um ihre Tiere kümmern, die aus reiner Geldgier ihre Vierbeiner bis zum Rande der Erschöpfung treiben. Als Laie ist es oftmals nicht zu erkennen, wie es den Tieren wirklich geht, welche Kutscher sich um die Pferde bemühen und welchen, denen es völlig egal ist.

Hier einige Bilder von Pferdekutschen als Touristenattraktion

Pferdekutschfahrten und das Tierwohl

Wie geht es den Tieren, die für Kutschfahrten heute eingesetzt werden wirklich? Wie sind die Bedingungen für diese Pferde? Fest steht, die Tiere sind oftmals ganztätig sehr viel Stress ausgesetzt. Es wird oft über Unfälle berichtet, bei denen sowohl Menschen als auch Pferde sehr schwer oder sogar tödlich verletzt werden. Für die Pferde ist in heutigen Zeiten eine Kutschfahrt körperlich extrem anstrengend. Auch da häufig Tiere eingesetzt werden, die nicht die körperlichen Voraussetzungen zum Ziehen einer Kutsche mitbringen. Viele von ihnen sind viel zu klein und/oder zu leicht, um eine derart schwere Last zu ziehen. Was kaum bekannt ist: Eine leere Kutsche hat schon ein Eigengewicht von 200 bis zu 450 Kilogramm. Vor allem der heiße Sommer macht den Pferden oft zu schaffen. Sie müssen in der prallen Sonne die schwere Last ziehen und können sich zu selten im Schatten ausruhen. Zudem bekommen sie oft viel zu wenig Wasser. Das wiederum führt dazu, dass sie teilweise vor Erschöpfung zusammenbrechen, was in Einzelfällen bis zum Tod der Tiere führt. Das Tierwohl spielt leider allzu häufig überhaupt keine Rolle. Aber auch bei anderer Witterung wie Nässe und Glätte ist die Tätigkeit für die Pferde mit besonderen Risiken verbunden. Sie können zum Beispiel ausrutschen und sich schwere Verletzungen zuziehenn.

Unser Fazit zu Pferdekutschen als Touristenattraktion

Wir raten von Kutschfahrten als Touristenattraktionen ab, da es als Laie nicht möglich ist, zu sehen, wie die Tiere behandelt werden und wie es ihnen tatsächlich geht. Zumal es einfach dämlich ist, sich in eine Kutsche zu setzen und sich von Pferden durch die Gegend ziehen zu lassen. Wer Kontakt mit Pferden haben möchte, kann einen Reitkurs belegen und wer gerne eine Stadt ansehen möchte, kann das zu Fuß, mit einem E-Roller oder mit dem Fahrrad machen. Auch gibt es in den allermeisten Städten mit Touristenattraktionen mittlerweile Hop-On/Hop-Off Busse, die wesentlich sinnvoller sind, oder sogar Fahrradtaxis bzw. Rikschas, die genutzt werden können. Pferdekutschen müssen wirklich nicht sein. Wer eine Kutschfahrt bucht, muss sich darüber im Klaren sein, dass hier eine Touriattraktion unterstützt wird, die viele Pferden schadet und das Tierwohl nicht berücksichtigt.


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